Ensemble live

Mitreißender Sound und ein spielwütiges Ensemble

Von Rainer Schmedemann | Das Cobain Projekt zeigt: Es muss nicht immer Staatstheater sein. Rainer Hansen, Leiter der Theatergruppe „Lichtgestalten“ der Dualen Hochschule Schleswig-Holstein, hat das Stück „Kurt Cobain – Better Listen“ geschrieben und inszeniert. Ein im Norden geprägtes Ensemble mit L. Wagner (Kurt Cobain), Finja Sannowitz (Courtney Love/Tracy), M. Müller, JJ Cortés Alor und H. Stenzel, Schauspieler und Laienspieler, mit der Band Solid Water (Rock, Blues, Metal; O. Hansen: Gitarre, M. Schuhmacher; T. Schöneck), bringen die Lebensgeschichte des Frontmannes der Gruppe Nirvana mit mitreißendem Sound und einem „spielwütigen“ Ensemble auf die Bretter des Kühlhauses in Flensburg.

Es ist die Geschichte des Aufstiegs und Falles von Kurt Cobains, der nicht Herr über seine Drogenabhängigkeit wurde. R. Hansen erzählt die Story Kurt Cobains spannend und kurzweilig mit viel authentischer Musik. Wichtige Szenen aus seinem Leben wurden auf der Bühne dargestellt, wie seine Beziehung zu Eltern und Großeltern, seine Beziehung zu Tracy, Stationen seines Aufstiegs mit Höhen und Tiefen, der Ruhm und die wachsende Heroinsucht, die Ehe mit Courtney Love und die Geburt seiner Tochter und zum Schluss sein Freitod mit einer Revolverkugel. Dies alles wird in kurzen, unsentimentalen Spielszenen spannend erzählt und durch Musik K. Cobains, brillant dargeboten von der Liveband „Solid Water“ und beeindruckend stark von Schauspieler L. Wagner gesungen, kommentiert. Die Songs zwischen den Spielszenen, erhöhen den Drive und die Emotionalität des Spiels und sind das Rückgrat dieser mitreißenden Inszenierung. L. Wagner leuchtet die Höhen und Tiefen der Gestalt Cobain aus und lässt dessen Weltschmerz, Unbehagen und Zukunftsangst deutlich werden.

Besonders beeindruckend sind die Szenen zwischen K. Cobain und Tracy sowie Courtney Love. Das Duo Wagner – Sannowitz fesselt durch ihr entfesseltes Spiel zwischen Leichtigkeit und Schwermut. Spiel wird hier für den Betrachter nicht nur zu Erfahrbarem sondern zu Erlebbarem. Die Musik Cobains verstärkt die Stimmungen der Spielszenen und wird zur Seele des Stückes, dank der enthusiastisch rockig-punkig aufspielenden Band. Das Bühnenbild (G. Brockmann) Pappkartons mit trashigen Sprüchen, die Spielräume schaffen und perfekt zu dieser Story passen, vor allem, wenn das Stück in alten Industriehallen gespielt wird.

Der Abend ist mehr als ein Musical, er ist die ehrlich erzählte Geschichte einer Lebensgeschichte, die Fragen nach dem Sinn des Seins stellt, Fluchten aus der Realität beleuchtet, Korruptheit der Musikindustrie aufzeigt und die Verlorenheit des Stars in der Einsamkeit nach den Konzerten deutlich werden lässt und den Fluch der Droge, die dies ertragbar erscheinen lässt. Das Stück endet mit Zeilen des Abschiedsbriefes „It´s better to burn out than to fade away“. Ein toller Theaterabend mit starken Akteuren, doch letztendlich wird der Erfolg dieser Produktion von allen Beteiligten getragen, und es zeigt sich erneut, dass das Gesamtergebnis mehr ist als die Summe seiner Einzelteile.

Dieses Projekt hat erneut gezeigt, dass Theaterbegeisterte fantastische Ergebnisse produzieren können und dafür nicht immer subventionierte Theaterinstitutionen prädestiniert sind, wenn die Akteure eines solchen Projektes nach der Prämisse handeln „It´s better to burn out than to fade away“. Merci & Chapeau!!!

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